dot.research - Wer kündigt in einer agilen Organisation? Oder wie kündigt man in einem agilen Team?

David Berger
16. Oktober 2018

Selbstverantwortung, Autonomie, Selbstorganisation - das sind schöne Eigenschaften. Viele Teams beanspruchen diese Optionen. Doch wie verhält sich eine agile Organisation mit Kündigung? Delegiert man das unliebsame Thema an einen Chef? In diesem Blog möchte ich mich der Problematik aufgrund einer persönlichen Erfahrung annähern.

Das erste Mal

Vorab: Ich war noch nicht in der Position, eine Kündigung kommunizieren zu müssen. Ich habe schon etliche Kündigungen empfohlen, doch übermittelt hat sie stets ein anderer. Und zwar immer eine in der Hierarchie höher gestellte Person. Jüngst musste ich aber eine Kündigung aussprechen. Das als Selbstoffenbarung.

Spannungen im Team

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Ich habe beobachtet, dass agile Teams oftmals in "beige", "purpurne", "rote" und/oder "blaue" Wertesystem gemäss Spiral Dynamics Integral (SDI) zurückfallen, sobald innerhalb der Teams Spannungen wachsen.

So kann ein Team in purpurne Subteams zerfallen, die sich gegenseitig anschreien. Oder ein Team wird beige, wo jeder bloss noch sich selbst am Nächsten ist. Oder das Team wird rot, weil es sich um ein dominantes Team-Mitglied scharrt. Oder das Team wird blau, wenn es nur noch Prozessen und Regeln gehorcht. Oder alles gleichzeitig, aber unterschiedlich ausgeprägt.

Die häufigste Spannung meines Erachtens ist die persönliche Dissonanz zwischen zwei Team-Mitgliedern. Zwei Personen harmonieren nicht. Sie können keinen Komfort im Team entwickeln. Diese Dissonanz übertönt die professionelle Zusammenarbeit. Alles ist plötzlich ein Vorwurf; alles ist plötzlich so fundamental, absolut und universal.

Gretchenfragen der agilen Organisation

Wie kann eine agile Organisation solche Spannungen auflösen? Bevor ich diese Gretchenfrage der agilen Organisation aufdecken kann, will ich unmissverständlich erklären, was ich in einer agilen Organisation ablehne:

Spannung an die Hierarchie eskalieren

Bequem und einfach nach Hierarchie rufen, die man zuvor noch verhöhnt hat - das will ich nicht gutheissen. Wer agil sein will, muss die Spannung selbst lösen, soweit wie möglich. Man darf die Spannung eskalieren, aber lediglich funktional. Zum Beispiel an eine unabhängige Retrospektive.

Mobbing im Team

Sobald die Spannung transparent ist, werden die spannungsgeladenen Personen anders wahrgenommen. Das Mobbing passiert automatisch. Hier eine kleine Diskreditierung, dort eine kleine Ironie. Die spannungsgeladenen Personen werden unbewusst bedroht. Sie reagieren sodann auf diese Bedrohung entsprechend. Das verstärkt alle Spannungen.

Spannung aussitzen

Die Spannung ist zwar transparent, doch das Team überspielt sie mit künstlicher Professionalität. Man beruft sich auf das "orange" System. Man muss schliesslich liefern und nicht lamentieren oder wegen persönlichen Befindlichkeiten sich mokieren. Unterdessen gedeiht die Spannung weiter und belastet die professionelle Arbeit.

Welche Alternativen?

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Okay, welche Alternativen haben nun agile Organisationen, ohne Hierarchien bilden zu müssen, welche das Problem auf ihre hierarchische Art lösen?

Ich persönlich kann mir Delegierte vorstellen. Delegierte verantworten den Eintritt und den Austritt von Mitarbeitenden. Alle Mitarbeitenden können ihre Delegierten wählen. Alle Mitarbeitenden können als Delegierte gewählt werden. Die Delegierten untereinander müssen einen Konsens aushalten können. Die Delegierten können im Laufe des Lebenszyklus variieren.

Ich würde mir einen Delegierten suchen, dem ich vertraue, der mir wertemässig nahesteht. Ich als Mitarbeitender muss allerdings dulden können, dass der Delegierte verfügt. Ich kann einen getroffenen Entscheid nicht bestreiten.

Ursache der Spannung

Wenn ein Entscheid bei mir wiederum Spannungen verursacht, muss ich diese Spannungen meinem Delegierten transparent machen. Ich muss bei meinem Delegierten eine Selbsthinterfragung einfordern. Denn vermutlich bin ich selbst die Ursache für die Spannungen - und nicht der Entscheid. Das gilt es professionell zu ergründen.

Wie weiter mit dot?

Ich freue mich darauf, welches Modell wir bei der dot praktizieren und was wir lernen werden. Sobald wir ein stabiles Modell haben, wird sicherlich ein dot.tipp-Blog darüber publiziert. Seien wir gespannt!

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