dot.kunden - Wie motiviere ich mein Team?

dot consulting ag
07. Mai 2019

Sind stabile Feature Teams in einem nicht stabilen Umfeld möglich? Inkl. Fixed Time - Fixed Scope? Ein Erklärungsversuch, wieso die Teams unseres Kunden die an sie gestellten Projekt-Ziele trotzdem erreichen können und zu welchem Preis. Ein Erfahrungsbericht eines Scrum Masters.

Das Entwicklungsprojekt startete vor eineinhalb Jahren. Von den Projekt-Dreieck-Grössen Qualität, Zeit und Scope sind zwei fix: Zeit und Scope. Das Projekt hat zum einen das fachliche Ziel, einen Online Prämienrechner für ein Versicherungsprodukt inklusive Omnichannel-Fähigkeit zu entwickeln. Zum anderen hat es das technische Ziel, als erste Applikation des Kunden eine neue Cloud-Architektur zu implementieren. Die Teams waren beim Start des Projekts als Komponententeams organisiert und an verschiedenen Linien aufgehängt. Die Herausforderung bestand nun darin, die Ziele in der erwarteten Zeit zu erreichen. Die Anfangsphase des Projekts war geprägt von vielen Rückschlägen, linienübergreifenden Priorisierungsproblemen und tiefer Velocity.

Performante Teams setzen sich aus motivierten Mitarbeitenden zusammen

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Exkurs

Agile Teams sind der Kern einer agilen Organisation. Um performante agile Teams zu kreieren, sind motivierte Mitarbeitende zentral. Um dies zu erreichen, soll gemäss Daniel H. Pink (Drive: The Surprising Truth About What Motivates Us) das Management resp. die umgebende Organisation die Rahmenbedingungen so gestalten, dass folgende Faktoren gewährleistet sind:

  1. Selbstbestimmung der Mitarbeitenden (Autonomy),
  2. die Mitarbeitenden - und damit die Teams - müssen sich stets verbessern, um ihre Ziele erreichen zu können (Mastery) und
  3. die Mitarbeitenden müssen einen Sinn hinter ihrer Arbeit sehen (Purpose).

Rückblickend fällt Folgendes auf...

Purpose. Es existieren sinnvolle Ziele.

Sowohl das fachliche Ziel wie auch das technische Ziel des Projekts sind spannende Herausforderungen für alle Beteiligten. Solche Ziele zu haben, motiviert die Mitarbeitenden. Sie sehen einen Grund hinter ihrer Tätigkeit und verstehen ihre Ziele, ihren Nordstern, ihr «Warum».  Sei es ein persönliches Ziel, sich weiterentwickeln zu können und müssen, oder eine Business Vision, die sie anspornt.

Mastery. Die Notwendigkeit zu lernen ist vorhanden.

Um die Ziele zu erreichen, musste sich das Team weiterentwickeln. Neue Technologien mussten erlernt werden, in Sachen UX konnte man sich am neuen Online-Rechner austoben und technisch versuchte sich das Team an noch wenig bekannten Themen. Insbesondere hatte man als erstes Team des Kunden die Möglichkeit, in der Private Cloud resp. auf der neuen OpenShift-Plattform zu entwickeln. Es ist also genug Herausforderung dabei, um keine Langeweile aufkommen zu lassen.

Autonomy. Das Team ist weitgehend selbstbestimmt.

Um gemäss der Motivationstheorie von Daniel H. Pink den letzten Baustein zu ergänzen, musste Selbstbestimmung etabliert werden. Die organisatorischen Herausforderung wurden letzten November dann mittels Squadification resp. Self-Selection angegangen. Dabei wurden vier Teams geformt, mit unterschiedlichen fachlichen Ausrichtungen. Im Sinne der Selbstorganisation wurde also nicht eine Organisation von oben nach unten vorgegeben, sondern die Mitarbeitenden wurden gefragt, welches organisatorische Setting sie benötigen, damit sie die an sie gerichteten Ziele erreichen können. Die Teams formierten sich selbst. Selbstbestimmung war somit das Fundament der Teams. Ein Team dieser Self-Selection wird in diesem Blog porträtiert.
Dabei war es stets entscheidend, dass das Management und die Organisation die Self-Selection unterstützt haben und somit einen wichtigen Teil dazu beigetragen haben und immer noch beitragen, dass die Ziele erreicht werden können.
Auch im Verlauf der Arbeit am Projekt konnte das Team seine Selbstorganisation weiter betreiben und seine Teamabläufe und den Zusammenhalt stets verbessern.

Vom motivierten Mitarbeitenden zum performanten agilen Team

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Mit den oben erwähnten Rahmenbedingungen wurde das Fundament erstellt, was Mitarbeitende intrinsisch motiviert.

Langfristige Identität schaffen

Damit nun daraus ein Team entsteht, förderten wir die Identifikation der Mitarbeitenden mit dem Team. Das Team als eine Einheit, welche auch über die Projektgrenzen hinweg besteht. Langfristig stabile Teams bieten ihren Mitgliedern den Anreiz, sich mit den anderen Teammitgliedern und der gemeinsam etablierten Teamkultur und Teameigenheiten zu identifizieren, eben über Projekt-Timelines hinaus. 
Wir haben dem Team deshalb einen Teamnamen gegeben, keinen Projekt-/Produktname, sondern einen Teamnamen. Wir sind das Gin-Team. Dies hilft, sich von der temporären Natur eines Produkts oder eines Projekts zu distanzieren. Wir führen Teamziele, die nicht unbedingt direkt mit den aktuellen Projektzielen zu tun haben. Wir sind co-located in unserem Teamraum (nicht Projektraum), wo wir auch unsere Stakeholder empfangen.

Teamkultur gestalten

Weiter pflegen wir ein gesundes Teamklima durch tägliche gemeinsame Lunchs, durch Afterworkbiere und geniessen unsere Früchtekörbe. Wir loben uns, und durch das etablierte Vertrauen auf menschlicher Ebene, können wir unsere Arbeit auch kritisieren, ohne dass sich die Teammitglieder persönlich angegriffen fühlen.

Feedback zum Normalfall machen

Mit einem gegenseitigen Feedback nach jedem Meeting streben wir eine stete Verbesserung unserer Arbeitsweisen an. Dies alles führt zu Vertrauen, und das zu mehr Spass an der Arbeit und damit auch zu mehr Outcome!

End-to-End geschnittenes Team aka Feature Team

Ein weiterer wichtiger Aspekt liegt im Teamschnitt. Unsere Teammitglieder kamen in der Squadification selbst zum Schluss, dass End-To-End geschnittene Teams die Performance massgeblich steigern werden. So kam es auch und das Gin-Team wurden weitestgehend End-to-End geschnitten. So haben wir von den Backendskills bis zu den Frontendskills alles drin, was wir benötigen und können Anforderungen mehrheitlich komplett in unserem Team erheben und umsetzen, ohne von umliegenden Teams abhängig zu sein und damit viel Koordinationsaufwand zu generieren.

Stabilisierung des Teamgefüges ist die Grundlage für eine stabile Velocity

Die Mitarbeitenden kannten sich vor der Teamformierung teilweise bereits, jedoch arbeiteten sie noch nicht im gleichen Setting zusammen. 
Am Anfang der neuen Teamzusammenstellung war die Arbeit dann auch geprägt durch die typische Stormingphase, welche sich in einer typischen eher tiefen Velocity zeigte.

Exkurs: Teamgestaltungsprozess nach Tuckman

Nach Tuckman besteht ein natürlicher Teamgestaltungsprozess. Dieser Prozess stellt sich jedes Mal ein, sobald das Teamgefüge verändert wird. Nicht nur  bei der Formierung eines Teams, sondern immer dann, wenn ein neues Teammitglied dazustösst - Dies führt zu einem Storming und damit zu tieferer Velocity.

Schnelle Überwindung der Stormingphase

Mehrere Gegebenheiten halfen, die Stormingphase schnell zu überwinden. So zeichnet sich das Team durch seniore Teammitglieder aus, die eine ausgeglichene Persönlichkeit ohne Alphaverhalten mitbringen. Die beste Lösung gewinnt somit eine Diskussion und nicht der dominanteste Charakter. 
Die guten kommunikativen Fähigkeiten und die Lernbegeisterung der Teammitglieder also das Von-einander-lernen-wollen, halfen zudem, das Storming schnell zu überwinden.

Mitgestaltungsmöglichkeit des Teams

Das Team konnte zudem immer wieder mitreden, wie Veränderungen im Teamgefüge aussehen sollen. So hatte das Team zu Beginn noch starke Skalierungswünsche der Organisation auszuhalten, um die Deadline zu halten. Nachdem die Liefertreue des Teams zu Vertrauen in der Organisation führte, liessen die direkten Irritationen auf das Team von aussen nach, es kehrte Ruhe ein und ein gleichbleibender und damit planbarer Outcome stellte sich ein.

Was passiert mit dem Gin-Team nach dem Projekt?

Die Liefertreue des Teams wurde von der Organisation erkannt und geschätzt. Dies ist was eine Organisation haben möchte: Vertrauen, dass es vorwärts geht, also Fortschritt und mit einem Scrum Masterischen Augenzwinkern angefügt, vielleicht auch etwas mehr vermeintliche Planbarkeit. Planbarkeit und damit Liefertreue ist nur möglich, wenn ein Team ohne Irritation und stetige Veränderungen im Teamgefüge zusammenarbeiten kann. Wenn sich ein solches Team gefunden hat, dann empfiehlt es sich, ihnen nach Abschluss eines Projekts einfach eine neue Aufgabe in die Hände zu legen. Ganz im Sinne von «never change a winning team». 

Was sind deine Erfahrungen mit der Motivation von Teams? Bring eine Diskussion in Gang und kommentiere den Blog unten.

Bist du selbst in einem herausfordernden Teamsetting unterwegs? Und bereit für ein unverbindliches Gespräch?

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